Seit 2012 sind in Deutschland vorgeburtliche, nicht-invasive molekulargenetische Pränataltests (NIPT) – sogenannte Bluttests – verfügbar, die mit großer Wahrscheinlichkeit genetische Abweichungen, insbesondere die Trisomien 13, 18 und 21, erkennen lassen. Das Thema wird von einer wichtigen, aber auch herausfordernden gesellschaftlichen und politischen Debatte begleitet, die medizinisch-technische Qualität sowie ethische und gesellschaftliche Implikationen diskutiert.
Seit 2018 befasste sich auch der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit der Frage der Anwendungsmöglichkeiten von NIPT bei Risikoschwangerschaften und einer eventuellen Anpassung der Mutterschaftsrichtlinien. Diese regeln die Leistungen zur ärztlichen Schwangerenbetreuung, die von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt werden. Schließlich wurde Ärzt*innen im Sommer 2022 die Möglichkeit eingeräumt, die Durchführung eines NIPT in gewissen Fällen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen.
Nachfolgend werden zentrale Veröffentlichungen und Debatten zum Thema Kostenübernahme zeitlich geordnet dargestellt:
01. Juli 2022: Ab sofort können im Einzelfall NIPT als neue Kassenleistung für gesetzlich versicherte Schwangere abgerechnet werden.
Die Kosten für einen NIPT auf Trisomie 13, 18 und 21 können übernommen werden,
• wenn sich aus anderen Untersuchungen ein Hinweis auf eine Trisomie ergeben hat oder
• wenn eine Frau gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu der Überzeugung kommt, dass der Test in ihrer persönlichen Situation notwendig ist. Diese Situation kann entstehen, wenn die Möglichkeit einer Trisomie eine Frau so stark belastet, dass sie dies abklären lassen möchte.
Dennoch gehört dieser Test auch weiterhin nicht zu den allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft.
18. Mai 2022: Der Bewertungsausschuss legt in seiner 594. Sitzung die Abrechnungsziffern für die Beratungsleistung und die Laborleistung mit Wirkung zum 01.07.2022 fest (https://institut-ba.de/ba/beschluesse.html).
8. November 2021 // Der Beschluss vom 19. August 2021 zur Aufnahme der Versicherteninformation in die Mutterschafts-Richtlinien wurde am 8. November 2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt somit zum 9. November 2021 in Kraft. Nach dem Inkrafttreten der Beschlüsse verhandeln Krankenkassen und Ärzte im Bewertungsausschuss über eine Abrechnungsziffer für den Test und die Beratungsleistung. Dafür haben sie maximal sechs Monate nach Inkrafttreten der Beschlüsse Zeit. Liegt die Abrechnungsziffer vor, kann die neue Leistung für gesetzlich versicherte Frauen erbracht und abgerechnet werden. Weiterführende Informationen finden Sie hier:
- Die Broschüre (Versicherteninformation), die über den Bluttest auf die Trisomien 13, 18 und 21 als Kassenleistung aufklärt
- Mutterschafts-Richtlinien: Aufnahme einer Versicherteninformation zur Durchführung der Nichtinvasiven Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 mittels eines molekulargenetischen Tests für die Anwendung bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken – Gemeinsamer Bundesausschuss (g-ba.de)
19. August 2021 // In einer Pressemitteilung des G-BA wird veröffentlicht: „Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschließt die Versicherteninformation zum vorgeburtlichen Bluttest auf Trisomien. Sie soll als fester Bestandteil der ärztlichen Aufklärung und Beratung von schwangeren Frauen in begründeten Einzelfällen zum Einsatz kommen. Frauen sollen möglichst gut informiert gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt darüber entscheiden, ob sie in ihrer individuellen Situation einen nichtinvasiven Pränataltest (NIPT) auf Trisomien 13, 18 oder 21 durchführen wollen. Zeitgleich mit der Versicherteninformation wird auch der bereits 2019 gefasste Beschluss des G-BA in Kraft treten, der den Bluttest auf Trisomien künftig in begründeten Einzelfällen und nach ärztlicher Beratung als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung einstuft. Voraussichtlich ab Frühjahr 2022 können der Bluttest und die Versicherteninformation eingesetzt werden.“ Den vollständigen Text der Pressemitteilung lesen Sie hier.
04. Januar 2021 // Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), das mit der Prüfung hinsichtlich Technik und Wirtschaftlichkeit einer Kassenzulassung der Bluttests am mütterlichen Blut zur Schätzung des Vorliegens einer Trisomie beauftragt wurde, veröffentlicht seinen Abschlussbericht. Damit ist auch eine Handreichung, die sogenannte „Versicherteninformation“, vorgestellt. Sie umfasst eine ausführliche Broschüre sowie die Kurzinfo in Form eines Faltblatts. Wenn dies vom G-BA so angenommen und beschlossen wird, soll sie bei der ärztlichen Beratung und Aufklärung verpflichtend eingesetzt werden.
19. September 2019 // Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in einer öffentlichen Sitzung über die „Änderung der Mutterschafts-Richtlinien (Mu-RL): Nicht-invasive Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 mittels eines molekulargenetischen Tests (NIPT) für die Anwendung bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken“ entschieden. Der Beschluss sieht vor, dass NIPT zur Untersuchung auf Trisomien im „begründeten Einzelfall“ Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung werden kann. Voraussetzung soll eine intensive Beratung und Begleitung sein. Die Inanspruchnahme wird voraussichtlich erst ab Ende 2020 möglich sein, wenn die verpflichtend vorgesehene Versicherteninformation entwickelt und beschlossen wurde. In der Pressemitteilung des G-BA stehen weitere Informationen zur Entscheidungsfindung zur Verfügung.
April 2019 // Das TAB (Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag) veröffentlicht eine umfassende Betrachtung und fundierte Informationsgrundlage über den aktuellen Stand und die Entwicklungen der Pränataldiagnostik. Der ausführliche TAB-Arbeitsbericht Nr. 184 bietet einen Überblick über den aktuellen medizinisch-technischen und gesetzlichen Stand der PND in Deutschland sowie die aktuelle Beratungssituation, stellt die Position verschiedener gesellschaftlicher Gruppen dar und fasst gesellschaftliche, politische und ethische Diskussionspunkte und Fragen zur PND zusammen. Der TAB-Fokus Nr. 23 ist eine auf vier Seiten zusammengefasste Darstellung. Die TAB-Berichte stehen zum kostenfreien download zur Verfügung.
11. April 2019 // Die Abgeordneten des Bundestags befassen sich in einer zweistündigen Vereinbarten Orientierungsdebatte mit dem Thema vorgeburtliche genetische Bluttests. Die Aussprache dient den Abgeordneten zunächst zur Orientierung über den Nutzen nichtinvasiver Bluttests zur Diagnose von Trisomien und wurde live übertragen. Eine Zusammenfassung der Positionen finden Sie hier.
22. März 2019 // Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eröffnet das Stellungnahmeverfahren zu den geplanten Anwendungsmöglichkeiten nicht-invasiver molekulargenetischer Tests (NIPT) zur Bestimmung autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 bei Risikoschwangerschaften. Fachgesellschaften und Verbände wie Wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Bundesärztekammer, der Deutsche Ethikrat oder die Gendiagnostik-Kommission können zu den diesbezüglich geplanten Änderungen der Mutterschaftsrichtlinien sechs Wochen lang schriftlich und mündlich Stellung nehmen. Die Pressemitteilung dazu finden Sie hier.
30. April 2018 // Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) untersucht und bewertet die medizinisch-technische Qualität und Effizienz der Verfahren. Er hat nach eingehender Beratung einen Vorschlag für die Finanzierung der Bluttests durch die Krankenkassen bei Risikoschwangerschaften vorgelegt. Der vollständige Bericht ist online veröffentlicht.